Unterhaltsansprüche unverheirateter Mütter

29.06.2016

Weitgehend unbekannt für getrennt lebende Eltern:

Unterhaltsansprüche unverheirateter (werdender) Mütter

Mit großer Überraschung reagieren viele unverheiratete (werdende) Mütter, wenn die Leistungsträger nach dem SGB II keine Leistungen zur Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt erbringen wollen und zudem auf den Unterhaltsanspruch gegen den (zukünftigen) getrennt lebenden Kindsvater verweisen. Auch die fallen aus allen Wolken, wenn sie zum Unterhalt nicht nur für das Kind, sondern auch für die werdende Mutter herangezogen werden sollen. Meist gingen die (werdenden) Kindsväter davon aus, dass sie lediglich dem Kind gegenüber unterhaltspflichtig sein werden.

Die Leistungsträger können aber zu Recht auf den § 1615l BGB verweisen:

BGB § 1615l Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt
(1) 1Der Vater hat der Mutter für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren. 2Dies gilt auch hinsichtlich der Kosten, die infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung außerhalb dieses Zeitraums entstehen.

(2) 1Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Vater verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Zeit hinaus Unterhalt zu gewähren. 2Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. 3Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt. 4Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. 5Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
(3) 1Die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten sind entsprechend anzuwenden. 2Die Verpflichtung des Vaters geht der Verpflichtung der Verwandten der Mutter vor. 3§ 1613 Abs. 2 gilt entsprechend. 4Der Anspruch erlischt nicht mit dem Tod des Vaters.
(4) 1Wenn der Vater das Kind betreut, steht ihm der Anspruch nach Absatz 2 Satz 2 gegen die Mutter zu. 2In diesem Falle gilt Absatz 3 entsprechend.


Wann entsteht eine Unterhaltspflicht?
In Absatz 1 ist die Unterhaltspflicht kurz vor und nach der Geburt festgehalten. In Satz 2 ist die Übernahme der Kosten der Erstausstattung geregelt. Besonders wichtig ist aber im Absatz 2 der Satz 2: Darin wird bestimmt, dass die Mutter bei Arbeitslosigkeit nach der oder durch die Schwangerschaft und/oder Geburt gegen den Kindsvater einen eigenständigen (Unterhaltsanspruch für sich – nicht nur für das Kind) hat. Dieser währt mindestens drei Jahre. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat schon klargestellt, dass dieser Anspruch auch verlängert werden kann wenn das Kindswohl dies erfordert. Gleiches gilt selbstverständlich auch umgekehrt wenn der Vater das Kind betreut.

Zwei Fallbeispiele – viele Lebenslagen sind denkbar
1. Eine werdenden Mutter hat einen 400 €-Job und bezieht ergänzend Leistungen nach dem SGB II. Kurz vor der Geburt beendet sie das Arbeitsverhältnis und richtet sich auf die Kinderbetreuung ein. - Besteht ein Unterhaltsanspruch der Mutter? JA – Wie lange? So lange die Mutter wegen der Kinderbetreuung nicht arbeiten geht.
2. Eine länger arbeitslose (werdende) Mutter bemüht sich zeitig um einen Platz in einer Krabbelgruppe/Kita und stellt ihre Arbeitskraft schon recht kurz nach der Geburt wieder zur Verfügung. Der Kindsvater und/oder Verwandte sichern Hilfe bei der Betreuung zu. Besteht ein Unterhaltsanspruch der Mutter? Allenfalls für die Zeit kurz nach der Geburt. Allerdings kann der Zuschlag für Alleinerziehende wegfallen.

Wie hoch ist der Unterhaltsanspruch?
Der Unterhaltsanspruch richtet sich hier immer nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, also nach der Düsseldorfer Tabelle. Vorsicht: die Leistungsträger versenden regelmäßig Fragebögen mit einer sog. „Bedarfsfeststellung“. Damit wollen sie den Unterhalt weiter ausdehnen. Der Auskunftsanspruch nach § 33 (1)  SGB II und § 60 (2) i.V. § 1605 BGB erstreckt sich nur auf Einkommen und Vermögen – weitere Angaben müssen und sollten nicht gemacht werden.

Und wenn der (werdende) Kindsvater nicht zahlt?
Dann besteht Anspruch auf volle Leistungen nach dem SGB II und der Unterhaltsanspruch gegen den Kindsvater gehen auf den Leistungsträger über. Dieser klagt ihn dann ein.

Problematische Umgehung
Es gibt einen hochproblematischen Weg diese Unterhaltsverpflichtung einvernehmlich zu umgehen: Die werdende Mutter kann nicht dazu gezwungen werden, den Namen des Kindsvaters bekannt zu geben. Dann wird in der Geburtsurkunde „Vater unbekannt“ eingetragen und es kann keinen Unterhaltsanspruch geben. Doch wer will das der Mutter und dem Kind zumuten?