Keine/r muss allein zum Amt
Ziele der gewerkschaftlichen Ämterbegleitung
- Direkte Hilfe: Beschleunigung und Versachlichung der Amtsentscheidungen
- Ergänzung und Entlastung unserer parteilichen Erwerbslosenberatung
- Entlastung des Rechtsschutzes und der Sozialgerichtsbarkeit
- Erfolge organisierter Gegenwehr erlebbar machen
Unsere Ämterbegleitung folgt daher dem Selbsthilfecharakter gewerkschaftlicher Arbeit.
Massenaktionen oder Pressearbeit haben in diesem Zusammenhang zu unterbleiben.
- Wie können Hilfesuchende beim Gang zum Amt begleitet werden?
- Welche Rechte hat die Begleitung, darf das Amt die Begleitung verweigern?
- Wie sollte der Gang zum Amt vorbereitet werden?
Begleitung ernst nehmen heißt, ihr einen eigenen Platz einzuräumen! Begleitung ernst nehmen heißt, diszipliniert vorzugehen!
Diese kurze Einarbeitung soll für alle ein Wegweiser für gewerkschaftlich organisierte Ämterbegleitung sein.
Niemand muss allein zum Amt gehen, aber er/sie sollte wissen, welche Funktion ein/e Begleiter/in hat.
Vorbereitung verschafft mehr Sicherheit und Aufklärung kann dabei helfen, Fehler zu vermeiden.
Auf welcher Grundlage arbeiten Behörden, welche Gesetze oder Verwaltungsvorschriften sind für sie bindend?
Behörden der Arbeits– und Sozialverwaltung haben als Arbeitsgrundlage aller Entscheidungen die Vorgabe der Sozialgesetze.
Diese bestehen aus 12 Teilen (Gesetzbüchern), wobei SGB II und SGB III die Arbeitslosengelder 1 / 2 betreffen.
Übergeordnete Sozialgesetzbücher
Im SGB I ist der „Allgemeinen Teil“ geregelt, dieser ist für alle anderen Teile ausdrücklich bindend.
Das SGB X umfasst das Sozialverwaltungsverfahren und den Sozialdatenschutz, auch dieses Buch gilt ausdrücklich für alle anderen Teile (einschl. SGB II und SGB III).
Durchführungsbestimmungen
Wer verstehen will, wie die Behörde intern arbeitet (um z.B. Verwaltungsvorgänge nachzuvollziehen), sollte die so genannten Durchführungsvorschriften und Verordnungen kennen.
Nachzulesen sind diese im Internet unter www.tacheles-sozialhilfe.de. Auch die Bundesagentur veröffentlicht sie auf ihrer Internetseite.
Diese Dienstanweisungen haben aber keine „nach außen gerichtete Rechtswirkung“.
Sie sind also bindend für die Behörden, haben aber im Zweifelsfall keinen Bestand vor Gericht
Rechtliche Grundlage der Begleitung
Das SGB X unterscheidet nach
- Beteiligten,
- Bevollmächtigten und
- Beiständen.
Jede dieser Personengruppen hat juristisch unterschiedliche Bedeutung und demzufolge deren Anwesenheit bzw. Beteiligung unterschiedliche Wirkung. Hier geht es um die Beistände. Bevollmächtigungen verbleiben beim Rechtsschutz.
§12 SGB X Beteiligte
1 Beteiligte sind
1.1 Antragsteller und Antragsgegner
1.2 diejenigen, an die die Behörde den Verwaltungsakt richtet oder gerichtet hat
1.3 diejenigen, mit denen die Behörde öffentlich rechtliche Verträge schließen will oder bereits geschlossen hat (z.B. Eingliederungsvereinbarung etc.).
1.4 diejenigen, die nach Absatz 2 von der Behörde zum Verfahren hinzugezogen worden sind.
2 Die Behörde kann von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen.
Hat der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung für einen Dritten, ist dieser auf Antrag als Beteiligter zu dem Verfahren hinzuzuziehen; soweit er der Behörde bekannt ist, hat diese ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen.
3 Wer anzuhören ist, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, wird nicht dadurch Beteiligter
Zum Beispiel sind Beteiligte, alle Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Beteiligte können auch zum Unterhalt verpflichtete Dritte sein (Partner, Familienangehörige, Kinder etc.).
§ 13 SGB X (…)
(4) Ein Beteiligter kann zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit dieser nicht unverzüglich widerspricht.
(5) Bevollmächtigte und Beistände sind zurückzuweisen, wenn sie entgegen § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes Rechtsdienstleistungen erbringen.
(6) Bevollmächtigte und Beistände können vom Vortrag zurückgewiesen werden, wenn sie hierzu ungeeignet sind; vom mündlichen Vortrag können sie nur zurückgewiesen werden, wenn sie zum sachgemäßen Vortrag nicht fähig sind. (...)
(7) Die Zurückweisung nach den Absätzen 5 und 6 ist auch dem Beteiligten, dessen Bevollmächtigter oder Beistand zurückgewiesen wird, schriftlich mitzuteilen. (...).
Wir begleiten also als Beistand!
Die begleitende Person ist durch dieses Gesetz legitimiert, vertrauliche Informationen, wie persönliche bzw. Sozialdaten während der Begleitung zu erfahren. Eine Abweisung aus Datenschutzgründen ist sachlich falsch. Da es sich um ein Recht nach dem übergreifenden SGB X handelt, darf die Behörde das Recht auf Begleitung nicht verweigern.
Allerdings können Gründe in der Person der Begleitperson liegen, die eine Ablehnung rechtfertigen. Das kann z. B. ungebührliches Benehmen sein.
Ehrenamtliche Berater können begleiten, es empfiehlt sich aber, dies nicht öffentlich zu machen.
Mitarbeiter von Maßnahmeträgern können ausgeschlossen werden, da ein Interessenkonflickt droht. Der Beistand sollte namentlich vorgestellt werden.
Informationsrechte
§13 SGB I Aufklärungspflicht
Die Leistungsträger, ihre Verbände und die sonstigen in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen sind verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Bevölkerung über die Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch aufzuklären.
Die Aufklärung über die Pflichten klappt schon ganz gut - nur bei den Rechten hapert es noch. Mangelnde Aufklärung kann aber ein Grund sein, auch rückwirkend Leistungen zu erhalten. Soundbite: "Sie hätten darüber aufklären müssen, dass mehrtägige Klassenfahrten übernommen werden müssen".
§ 14 SGB I Beratung
Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.
§15 SGB I(1) Auskunftspflicht
Die nach Landesrecht zuständigen Stellen, die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung sind verpflichtet, über alle sozialen Angelegenheiten nach diesem Gesetzbuch Auskünfte zu erteilen.
(2) Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf die Benennung der für die Sozialleistungen zuständigen Leistungsträger sowie auf alle Sach- und Rechtsfragen, die für die Auskunftssuchenden von Bedeutung sein können und zu deren Beantwortung die Auskunftsstelle imstande ist.
(3) Die Auskunftsstellen sind verpflichtet, untereinander und mit den anderen Leistungsträgern mit dem Ziel zusammenzuarbeiten, eine möglichst umfassende Auskunftserteilung durch eine Stelle sicherzustellen.
Wie ober schon ausgeführt, wird dies von den Ämtern regelmäßig mißachtet und kann eingeklagt werden. "Abwimmeln" ist rechtswidrig.
Mitwirkungspflicht der Behörde bei der Antragstellung
§ 16 SGB I Antragstellung
1) Anträge auf Sozialleistungen sind beim zuständigen Leistungsträger zu stellen. Sie werden auch von allen anderen Leistungsträgern, von allen Gemeinden und bei Personen, die sich im Ausland aufhalten, auch von den amtlichen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland entgegengenommen.
(2) Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt werden, sind unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Ist die Sozialleistung von einem Antrag abhängig, gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei einer der in Satz 1 genannten Stellen eingegangen ist.
(3) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt ... werden.
Zu 1: Ein Antrag kann also auch erst einmal im Rathaus abgegeben werden.
Zu 2: Abwimmeln ist rechtswidrig
Zu 3: Wenn die Behörde nicht darauf hingewirkt hat, dass klare und sachliche Anträge gestellt werden, ihren Amtspflichten also nicht nachgekommen ist, können Ansprüche aus Amtshaftung bei Amtspflichtverletzung entstehen. (Giese/ Krahmer, Sozialgesetzbuch I, Kommentar, Köln 1999 zu SGB I § 16, 8).
Hilfesuchende können also die Behörde wegen Amtspflichtverletzung aus "grober Fahrlässigkeit" verklagen oder dies ankündigen. Die Verantwortung trifft letztlich die Behörde, die nicht dafür sorgt, dass Rechtsverletzungen unterbleiben.
Immerhin sagt das Grundgesetz in Art. 34:
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
Dies ist den Behörden freundlich, aber klar mitzuteilen.
Auch das Grundrecht aus dem Sozialgesetz, dass die Behörde beim Ausfüllen eines Antrages behilflich sein muss, wird oft durch die Behörden umgangen, mit der Begründung, sie müssten den Antrag selbst ausfüllen! Das ist falsch!
zusammenfassend:
Die Sozialleistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass
jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise,umfassend und zügig erhält (§ 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB I)
die zur Ausführung der Sozialleistungen erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen (§ 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB I)
der Zugang zu den Sozialleistungen möglichst einfach gestaltet wird, insbesondere durch Verwendung allgemein verständlicher Antragsformulare (§ 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB I)
und ihre Verwaltungs- und Dienstgebäude frei von Zugangs- und Kommunikationshürden sind und Sozialleistungen in barrierefreien Räumen und Anlagen ausgeführt werden (§ 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB I)
Kostenfreiheit
Geschäfte und Verhandlungen, die aus Anlass der Beantragung einer Sozialleistung nötig werden sind kostenfrei (§ 64 Abs. 2 SGB X).
Welche Beweismittel erforderlich sind bestimmt die Behörde (§ 21 Abs. 1 SGB X). Der Antragsteller oder Leistungsbezieher ist verpflichtet Beweisurkunden vorzulegen (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I). Daraus ergibt sich, dass die Behörde aufgrund der generellen Kostenfreiheit in der Vorleistungs- oder Erstattungspflicht ist.
Im Rahmen der Mitwirkungspflichten besteht die Pflicht zum persönlichen Erscheinen bei der Behörde (§ 61 SGB I) sowie zur ärztlichen und psychologischen Untersuchung (§ 62 SGB I). Dahingehende Aufwendungen können auf Antrag ersetzt werden (§ 65a Abs. 1 SGB I). Diese können auch nachträglich ersetzt werden (§ 65a Abs. 2 SGB I).
Kosten die Anlässlich einer Meldeaufforderung (§ 59 SGB II) entstehen, sind auch unterhalb des Bagatellbetrages von 6 EUR von der ARGE zu tragen, da auch „geringste Beträge“ für einen ALG II – Bezieher erheblich sind (BSG vom 6.12.2007 – B 14/7b AS 50/06 R)
Kostenerstattungsanspruch:
Meldeterminen (§ 59 SGB II i.V.m. § 309 Abs. 4 SGB III)
Aufforderung zum persönlichen Erscheinen (§ 61 SGB I i.V.m. § 65a SGB I).
Aufforderung zur ärztlichen Untersuchung (§ 62 SGB I i.V.m. § 65a SGB I).
nachträglicher Notwendigkeit eines ärztliches Attestes,
der Auflage, 3 x wöchentlich Möbellager besuchen zu müssen (§ 64 Abs. 2 SGB X)
Aufforderung einen gesonderten Sammelkontoauszug der letzten Monate zu beschaffen (§ 64 Abs. 2 SGB X)
Inanspruchnahme von Dolmetscher- und Übersetzungsdiensten für EU-Ausländer anlässlich der Erbringung von Sozialleistungen (§ 64 Abs. 2 SGB X) i.V.m. Art. 81 der Verordnung (EWG) Nr. 1048/71(Europäisches Recht)
Muss mir das Amt meine Akte zeigen? (§ 25 SGB X).
Grundsätzlich ja.
Wer Leistungen bezieht oder einen Antrag gestellt hat, kann zur Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen die Einsicht in seine Akten beantragen.
Ratsam ist es, den Antrag schriftlich zu stellen. In der Regel wird die Behörde mit Ihnen einen Termin vereinbaren. Wird Ihnen die Akteneinsicht nicht gewährt, sollten Sie sich an den Landesdatenschutzbeauftragten wenden.
Datenschutzrechte
Grundsätzlich können Sie von Ihrer Behörde Auskunft verlangen über (siehe § 83 SGB X):
• die zu Ihrer Person gespeicherten Sozialdaten,
• die Herkunft dieser Daten,
• die Empfänger dieser Daten
• und den Zweck der Datenspeicherung.
Neben diesem Anspruch auf Auskunftserteilung haben Sie ein eigenständiges Recht auf Akteneinsicht nach § 25 SGB X (siehe zuvor). Zu Ihren Rechten gehört zudem Ihr Anspruch auf Berichtigung, Löschung und Sperrung der Daten (§ 84 SGB X). Diese Rechte sind unabdingbar, d.h. Sie können weder auf diese Rechte verzichten, noch dürfen Ihnen diese Rechte vorenthalten werden (§ 84a SGB X).
Der neue zum Jahresbeginn 2011 wirksam werdende § 50 SGB II bestimmt u.a. folgende Änderungen: 1. Ab sofort ist für alle datenschutzrelevanten Sachverhalte im Kontext SGB II der Bundesdatenschutzbeauftragte zuständig (§ 50 Abs. 4 S. 1 SGB II), d.h. alle datenschutzrechtlichen Einwendungen sind an diesen zu richten. 2. Ist ab Jahresbeginn wirkt für alle SGB II – Angelegenheiten das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (§ 50 Abs. 4 S. 2 SGB II). Das bedeutet, dass die SGB II – Träger zwingend alle verwaltungsinternen Weisungen, Richtlinien, Verwaltungsanweisungen,
nunmehr auch wenn sie kommunaler Natur sind wie KdU-Richtlinien, zu Erstausstattung, unabweisbarem Bedarf oder zu Eingliederungsleistungen an antragstellende Bürger herausgeben müssen. Einem Antrag ist unverzüglich spätestens aber nach einem Monat stattzugeben. Bei Übersendung per Mail ohne großen Rechercheaufwand dürften keine Kosten geltend gemacht werden.
Personalausweis zum Nachweis der Identität
Die Vorlage des Personalausweises kann verlangt werden. Der Sachbearbeiter hat damit die Möglichkeit festzustellen, ob Sie wirklich die Person sind, für die Sie sich ausgeben.
Anspruch auf Diskretion
(§ 35 I 2 SGB I, 78a SGB X)Grundsätzlich gibt es einen gesetzlichen Anspruch auf Diskretion. Der Empfangsbereich eines Amtes muss so organisiert werden, dass Erwerbslose Ihre Wünsche äußern und Ihre persönlichen Angaben machen können, ohne dass Unbefugte mithören können. Das gleiche gilt für Büroräume mit mehreren Arbeitsplätzen. Bitten Sie darum, das Gespräch in einem separaten Raum zu führen.
Was wollen wir in der Beratung eigentlich erreichen? Wir wollen, dass eine bestimmte Leistung bewilligt wird und darüber ein Bescheid erlassen wird - aber was ist das eigentlich?
§ 31 SGB X Begriff des Verwaltungsaktes
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft. Dienstanweisungen sind keine Allgemeinverfügungen!
Also hat jede Einzelfallentscheidung über eine Leistung in einem Verwaltungsakt zu erfolgen. Ausgenommen sind davon lediglich Maßnahmen von unter 6 Monaten Dauer. Gegen einen Verwaltungsakt kann dann immer Widerspruch eingelegt werden. Deshalb ist es wichtig, alle Entscheidungen in einem formellen Verwaltungsakt vorliegen zu haben - und darauf auch zu bestehen.
§ 34 SGB X Zusicherung
(1) Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Ist vor dem Erlass des zugesicherten Verwaltungsaktes die Anhörung Beteiligter oder die Mitwirkung einer anderen Behörde oder eines Ausschusses auf Grund einer Rechtsvorschrift erforderlich, darf die Zusicherung erst nach Anhörung der Beteiligten oder nach Mitwirkung dieser Behörde oder des Ausschusses gegeben werden.
Die schriftliche Zusicherung eines Verwaltungsaktes ist das ideale Ergebnis eines begleiteten Besuchs beim Amt! Wenn z. B. ein Kompromiss erreicht wird, oder eine Entscheidung angekündigt wird, sollte die schriftliche Zusicherung nach § 34 SGB X erreicht werden.
Formen der Begleitung
Stille Begleitung (Zeugenschaft)
• Stärkung des Selbstvertrauens der Betroffenen Person
• Aufbrechen eines Kommunikationsproblems durch Anwesenheit
• Protokoll
Verhandelnde Begleitung
• Vorbringen eines Anliegens für den Betroffenen, wenn dieser dazu nicht in der Lage ist
• Anbieten von Erläutern von Entscheidungsvarianten, die für den Betroffenen Lösungen darstellen
• Darlegen berechtigter Ansprüche und auf den Einzelfall bezogene Erläuterungen (Vorsicht! - keine Bevormundung)
Kann nur bei vorheriger Schulung durchgeführt werden. Teilnahmenachweis an den Sozialrechtsseminaren!
Als Begleitung unbedingt beachten!
• Der Hilfesuchende bleibt Frau/ Herr seiner Wünsche
• seine Zielvorgaben sind zu respektieren
Vorbereitung
Bevor eine Begleitperson beim Gang zum Amt mitgeht, sollte ein Vorgespräch stattfinden, bei dem einige Verabredungen getroffen werden, damit ein es keine Missverständnisse in der Behörde gibt.
Damit ein Termin beim Amt in geordneten Bahnen ablaufen kann, sollte der Ablauf grob geplant werden.
• Zielsetzung (Was will die/der Hilfesuchende)
• Ansprechpartner im Amt (Verhältnis zum PAP, Situation etc.)
• Gesprächsführung abstimmen Vorgehen / Ablauf
• Allgemeine Vorstellung (wer ist wer)
• sachliche Atmosphäre herstellen
• Beratungsfunktion des Amtsmitarbeiters einfordern
• Keinen Zeitdruck zulassen, sonst Folgetermin erbitten
• Aufzeichnungen machen /Mitschrift/ Namen des Bearbeiters nicht vergessen.
• Wirkung?
So gut wie immer erlebt mensch mehr Freundlichkeit.
In der Regel ist rechtsnahes Handeln zu erleben, so dass Ansprüche von Betroffenen durchgesetzt werden können.
Nach einer Begleitung zum Amt sollte mit der/dem Hilfesuchenden eine Auswertunggemacht werden.
• Anfertigen eines Gedächtnisprotokolls
• Weitere Vorgehensweise in Absprache mit der/dem Hilfesuchenden
• Folgetermin vereinbaren / weitere Unterstützung hinzuziehen.
Time for Rock ´n Roll
Vor allem gilt: es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck. Die Schale muss stimmen! Formal ist Trumpf.
Männlein
Jackett, schwarze Schuhe, dunkle Hose, helles Hemd. Aber: keine „Paradeuniform“.
Weiblein
Keine kurzen Röcke, kein freies Bein, wenig Schmuck, keine teure Handtasche.
Wer das nicht versteht, hat im 21. Jahrhundert nichts zu suchen.
TIPP 1: Inhaltlich vorbereiten (schon besprochen).
TIPP 2: Zeitlich vorbereiten. Zehn Minuten vorher erfolgt das Treffen; gegenseitige Kontrolle des Erscheinungsbildes. Keine anderen kurz dahinter liegenden Termine.
TIPP 3: Sachlich bleiben – trotz Gefühlswallungen (Entspannte Gestik entspannt das Gegenüber) Höflich sein schadet nicht und es kann Türen öffnen! Behandle andere so wie Du behandelt werden willst. Keine Drohungen, keine Drohhaltung.
TIPP 4: Beharrlich bleiben. Fragen klären, nicht abwimmeln lassen. Unverständliches erklären lassen.
TIPP 5: Keine Selbstdarstellung des Begleiters ("Was ich nicht alles gelesen hab"). Keine Zitate aus dem Internet.
TIPP 6: Nicht unter Zeitdruck setzen lassen (siehe Beratungs- und Aufklärungspflicht des Amtes).
TIPP 7: Nichts sofort unterschreiben – immer Bedenkzeit einfordern.
TIPP 8: Keine Originale aus der Hand geben (evt. Kopien vorbereiten oder verlangen).
TIPP 9: Bestätigung des Besuches verlangen (Kopie des Aktenvermerks).
TIPP 10: immer Quittungen verlangen (z.B. in Form eines Stempels auf einer mitgebrachten Kopie).
TIPP 11: Schriftliche Zusicherung eines Verwaltungsaktes fordern.
Organisation:
ver.di kann ie Termine zur Begleitung nicht vermitteln! Wir haben 200.000 Erwerbslose und ca 3300 Beschäftigte. Je zwei Termine im Jahr wären nicht zu vermitteln, selbst wenn alle Beschäftigten nichts anderes mehr machen.
Variante 1: regelmäßige Treffen mit Telefonbereitschaft.
Variante 2: offenes Postfach mit Kalender
Damit es nicht zu Problemen mit den Beschäftigten kommt, die in ver.di organisiert sind, muss ein 2-Seitiges Schreiben an die Leistungsträger übersandt werden:
Liebe Kollegin, lieber Kollege,
wir möchten Dich mit diesem Schreiben über unser Projekt „Beistände für Hartz-IV-Bezieher organisieren“ informieren. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, die Absicht und den Verlauf des Projekts frühzeitig transparent zu machen, um Irritationen zu vermeiden.
Vielen Kolleginnen und Kollegen, die „Hartz IV“ beziehen, graut es vor Terminen bei den ARGEn. Häufig haben sie schon viele Enttäuschungen bei der Suche nach einem Arbeitsplatz hinter sich, die nicht einfach zu verkraften sind. Nach ihrem Empfinden werden sie gerade als Hartz IV-Empfänger nicht als „Kunden“ auf gleicher Augenhöhe und nicht immer fair behandelt. Sie fühlen sich vielmehr oftmals hilflos und ohnmächtig. Teilweise werden auch Leistungen, auf die ein eindeutiger Rechtsanspruch besteht, nicht oder nur mit erheblicher Verzögerung zur Auszahlung gebracht. Insbesondere der Bereich der Kosten der Unterkunft ist konfliktträchtig. Die für Leistungsberechtigte relativ günstigen Vorgaben des Bundessozialgerichts werden in der Praxis nicht flächendeckend eingehalten.
In der solidarischen Beratung sind wir den erwerbslosen Kolleginnen und Kollegen verpflichtet. Dabei ist uns bewusst: Die Defizite, die Leistungsberechtigte in den ARGEn erleben, werden nicht von den Beschäftigten verschuldet, sondern haben strukturelle Ursachen: die gesetzlichen Regelungen des SGB II selbst, interne Vorgaben zulasten von Erwerbslosen, eine unzureichende Personalausstattung und zu hohe Fallzahlen sowie unzureichende Qualifizierungsmaßnahmen für die Beschäftigten.
Deshalb setzen wir uns zusammen mit anderen Gewerkschaften und Sozialverbänden für wesentliche Änderungen im SGB II ein, durch die auch Hartz IV-Empfänger besser gefördert und finanziell abgesichert werden. Wir setzen uns gleichzeitig für bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in den ARGEn ein. In dieser Auseinandersetzung um eine andere Arbeitsmarktpolitik sehen wir die Beschäftigten in den ARGEn und in den Arbeitsverwaltungen als potentielle Verbündete.
Solange diese Verbesserungen aber nicht durchgesetzt worden sind, wollen wir den Erwerbslosen durch unser Projekt „Beistände“ helfen. Leistungsberechtigte haben das Recht, Personen ihres Vertrauens als Beistände zu Terminen mitzunehmen (§ 13 SGB X). Wir möchten Hartz-IV-Bezieher über dieses Recht informieren und ermutigen, davon Gebrauch zu machen – wenn sie sich bei Kontakten mit der ARGE unwohl und unsicher fühlen.
Den örtlichen Erwerbsloseninitiativen und Beratungsstellen empfehlen wir, nach Möglichkeit ein entsprechendes Begleitangebot „zum Amt“ aufzubauen. Dazu bieten wir interessierten Aktiven, die andere begleiten wollen, das notwendige Rüstzeug (sozialrechtliche Hintergrundinformationen, Tipps zum Auftreten usw.) an – u.a. in Schulungen vor Ort. Im Ausnahmefall – wenn alle anderen Mittel nicht zu einer Lösung führten – halten wir es auch für legitim, mit mehreren Beiständen vorzusprechen.
Der Aufbau von entsprechenden Begleit-Angeboten zur ARGE in möglichst vielen Orten befindet sich zurzeit in der Startphase. Dort, wo bereits mit Beiständen gearbeitet wird, sind die ersten Erfahrungen ausgesprochen positiv: In der Regel gelingt es, das Gesprächsklima und den Umgang miteinander zu verbessern. Vielfach können festgefahrene Gesprächssituationen aufgelöst sowie Leistungsansprüche realisiert werden, die bisher (noch) nicht gewährt wurden.
Auch wenn die Defizite bei der Gewährung von Leistungen nach SGB II strukturelle Ursachen haben, manifestieren sich die Probleme natürlich trotzdem in der Auseinandersetzung zwischen leibhaftigen Personen auf den beiden Seiten des Schreibtischs in der ARGE. Insofern ist das Projekt Beistände nicht konfliktfrei. Umso wichtiger ist es uns zu betonen, dass sich das Auftreten mit Beiständen nicht gegen die Beschäftigten der ARGE richtet.
Da wir um das Konfliktpotential des Einsatzes von Beiständen wissen, wollen wir frühzeitig mit den Beschäftigten der ARGEn und den zuständigen Personalräten in einen Dialog eintreten: Einschätzungen zum Projekt „Beistände“ und Anregungen zur Umsetzung sind herzlich willkommen. Sollte es im Einzelfall vor Ort aus Sicht der Beschäftigten zu Fehlentwicklungen beim Einsatz von Beiständen kommen, bitten wir um entsprechende Hinweise.
Eine Möglichkeit, die Rechtsposition von Leistungsberechtigten sowie die Arbeitssituation der Beschäftigten kurzfristig zu verbessern, besteht aus unserer Sicht darin, in den ARGEn Ombudsstellen einzurichten. Solche Ombudsstellen können dazu beitragen, strittige Ansprüche zeitnah und unterhalb des Widerspruchs- und Klageverfahrens zu klären.
Wir möchten Dich daher bitten, Dich nach Möglichkeit in Deiner Dienststelle vor Ort für die Einrichtung einer Ombudsstelle einzusetzen. Wir würden uns freuen, wenn sich vor Ort Erwerbsloseninitiativen und die Personalvertretungen in den ARGEn gemeinsam für Ombudsstellen stark machen könnten.
Mit freundlichen und kollegialen Grüßen
letzte Änderung 10.03.2013
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