Abmahnung

29.06.2016

Abmahnung - was tun ? Hinweise für unsere Mitglieder

So könnte eine Abmahnung aussehen

Sehr geehrter Herr A,
trotz wiederholter Ermahnungen von Seite Ihres Abteilungsleiters, Herrn B, sich an die in unserem Hause geltenden Richtlinien zu halten, haben Sie am Montag, dem 6.7.2011 erneut bei der Bearbeitung der Vorgänge XYZ Ihre Arbeitsanweisungen nicht beachtet.
Im Einzelnen haben Sie (...). Wir sehen darin einen groben Verstoß, den wir nicht länger dulden können. Im Wiederholungsfall müssen Sie deshalb mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen.
Mit freundlichen Grüßen

  • Was ist eine Abmahnung ?

Verweise, Notizen, Missbilligungen, Verwarnungen und Abmahnungen sind Teil der betrieblichen Realität. Der Abmahnung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da sie der erste Schritt zu weiteren arbeitsrechtlichen Maßnahmen sein kann. Eine Abmahnung muss enthalten:

die konkrete Schilderung des Fehlverhaltens,

die Androhung "arbeitsrechtlicher Konsequenzen" im Wiederholungsfall.

Es kommt nicht darauf an, dass der Begriff "Abmahnung" ausdrücklich erwähnt wird.

  • Schilderung des Fehlverhaltens

Inhalt von Abmahnungen können Leistungsmängel oder Verfehlungen sein. Der Arbeitgeber ist darlegungs- und beweispflichtig. Er muss darstellen, durch welches konkrete Fehlverhalten der betroffene Arbeitnehmer gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstossen hat. Zu beachten ist:

der konkrete Sachverhalt muss richtig dargestellt sein, es darf sich nicht um eine Überreaktion des Arbeitgebers mit ehrverletzenden oder unsachlichen Werturteilen handeln, und das abgemahnte Verhalten darf nicht schon zu lange zurückliegen. W ichtig ist auch: es kann nur ein Verhalten abgemahnt werden, das für den Arbeitnehmer auch steuerbar ist. Eine Abmahnung wegen Krankheit z.B. ist deshalb ausgeschlossen. (Der Arbeitgeber kann auch selbst für Fehler verantwortlich sein, z.B. durch unklare Arbeitsanweisungen, langjährige Duldung, erheblichen Arbeitsdruck, oder mangelnde Einarbeitung.)

  • Die Warnfunktion der Abmahnung

Mit der Androhung, im Wiederholungsfall "arbeitsrechtliche Konsequenzen" einzuleiten (Versetzung, Kündigung, Abruppierung fallen darunter), oder dem Hinweis, dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet sei, zeigt der Arbeitgeber an, dass er eine Vertragsverletzung des Arbeitnehmers annimmt. Mit der Warnung gibt er zu erkennen, dass der/die Betroffene sein/ihr Verhalten ändern muss. Allerdings muss dem Arbeitnehmer ausreichend Zeit gegeben werden, um das Verhalten zu ändern. Erst im Wiederholungsfall und mit zeitlichem Abstand kann der Arbeitgeber weitere Maßnahmen ergreifen.

  • Welche Ziele verfolgen die Arbeitgeber?

Zwar können im Einzelfall Abmahnungen begründet sein, vielfach verwenden Arbeitgeber dieses Mittel aber mit ganz anderer Zielsetzung:

Da die Rechtsprechung bei verhaltensbedingten Kündigungen eine Abmahnung als Kündigungsvoraussetzung verlangt, ist die Abmahnung hier eine klare Vorstufe zur Kündigung.

Abmahnungen werden auch als Disziplinierungsmittel eingesetzt, sie erzeugen ein Angstklima, und dienen damit auch als Mittel zur Leistungssteigerung. Sie können auch Vorboten für einen Personalabbau größeren Ausmaßes sein.

  • Wer darf abmahnen?

Abmahnen dürfen alle Personen, die auch zum Ausspruch einer Kündigung berechtigt sind (Arbeitgeber, Personalleitung etc.). Laut Bundesarbeitsgericht ist sogar jeder weisungsberechtigte Vorgesetzte zum Ausspruch einer Abmahnung berechtigt.

  • Gelten nur schriftliche Abmahnungen?

Nein! Entgegen weitverbreiteter Auffassung sind auch mündliche Abmahnungen zulässig. Der Arbeitgeber muss aber beweisen können, dass er tatsächlich abgemahnt hat. Bei schriftlicher Abmahnung ist darauf zu achten, dass sie auch ausgehändigt wird.

  • Ist eine Anhörung notwendig?

Ein Arbeitnehnmer muss vor Ausspruch einer Abmahnung grundsätzlich angehört werden. Geschieht dies nicht, ist die Abmahnung formell unwirksam. Sie entfaltet aber dennoch die nötige Warnfunktion vor einer verhaltensbedingten Kündigung.

  • Wie lange wirken Abmahnungen in der Personalakte?

Es gibt hier keine Verjährungsfristen.

Entscheidend sind also immer die "Umstände des Einzelfalls" .Eine Abmahnung wegen geringen Verstößen kann so auch nach einem Jahr schon ihre Wirkung verlieren, bei schwerem Fehlverhalten aber auch über zwei Jahre hinaus wirken.

  • Möglichkeiten der Betroffenen

Eine Abmahnung ist eine notwendige Vorstufe zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen. Sie ist deshalb nach Form und Inhalt geeignet, den Arbeitnehmer in seiner Rechtstellung zu beeinträchtigen. Deshalb ist es wichtig, dass reagiert wird. Beachtet werden sollte zunächst, dass die Abmahnung bei der Übergabe nur kommentarlos zur Kenntnis genommen wird.

  • Nichts unterschreiben!

bei einem Gespräch mit dem Vorgesetzten ein Betriebsratsmitglied des Vertrauens hinzugezogen wird, Inhalt und dargestellter Sachverhalt auf Richtigkeit, Umstände und Zusammenhänge überprüft werden.

Erscheint die Abmahnung als ungerechtfertigt:

eine schriftliche Stellungnahme erarbeiten, die konkret auf den abgemahnten Vorgang eingeht (z.B. Sachverhalt richtig stellen), mit Betriebsrat und/oder Gewerkschaft diese Stellungnahme beraten, und an den Arbeitgeber senden mit der Aufforderung, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen, Ist der Arbeitgeber dazu nicht bereit, so kann der Arbeitnehmer verlangen, dass seine Stellungnahme als "Gegendarstellung" in die Personalakte aufgenommen wird.

  • Arbeitsgerichtliche Überprüfung von Abmahnungen

Weigert sich der Arbeitgeber, eine ungerechtfertigte Abmahnung aus der Personalakte zu nehmen, so kann vor dem Arbeitsgericht auf Entfernung der Abmahnung geklagt werden. Gewerkschaftsmitglieder erhalten dazu kostenlos Rechtschutz.

Eine Abmahnung ist jedenfalls dann ungerechtfertigt, wenn sie auf unzutreffenden Tatsachen oder Bewertungen beruht, dem Arbeitnehmer der Pflichtverstoss nicht nachzuweisen ist oder die Abmahnung auf einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung des Verhaltens beruht.

Die Beweislast für die der Abmahnung zugrunde liegenden Tatsachen trägt dabei immer der Arbeitgeber

  • Was kann der Betriebsrat/Personalrat bei Abmahnungen tun?

Rein rechtlich nur wenig, denn der Betriebsrat hat bei Abmahnungen weder einen Informationsanspruch noch ein Mitspracherecht. Der Personalrat nach dem Landespersonalvertretungsgesetz (LPVG NRW) hat allerdings ein Anhörungsrecht und kann und einer keiner Abmahnung widersprechen.

Die Interessenvertretungen können die Betroffenen beraten, sie bei Stellungnahmen unterstützen und bei eventuellen Gesprächen mit Vorgesetzten dabei sein und so den Betroffenen den Rücken stärken. Insgesamt spielt der Betriebsrat/der Personalreat also  eine recht wichtige Rolle, die in der Praxis schon vielen Arbeitnehmern geholfen hat.

  • ver.di hilft

Wir helfen bei der Abfassung von Stellungnahmen und nahmen  - falls gewünscht - Kontakt mit dem Arbeitgeber auf.

Wir prüfen, ob eine Herausnahme der Abmahnung aus der Personalakte auf dem Klageweg sinnvoll ist.