Geschichtsort Adlerwerke

Ein KZ in Frankfurt
© Studienkreis Deutscher Widerstand
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24.10.2024

Zwangsarbeit in Frankfurt

 In der Zeit des Zweiten Weltkriegs lebten rund 50 000 Kriegsgefangene und ausländische Zivilarbeiter*innen in Frankfurt. Sie waren im gesamten Stadtbild gegenwärtig. Von der Ausbeutung der Zwangsarbeiter*innen profitierten Großbetriebe wie die I.G. Farbenindustrie AG oder die Adlerwerke, aber auch kleine Handwerksbetriebe, Landwirte, Privathaushalte oder die Stadtverwaltung. Die Unterbringung der Arbeiter*innen war unterschiedlich: Es gab Lager, die mit Stacheldraht umgeben waren, es gab aber auch Schlafstätten in Hinterhofwerkstätten, Gaststätten oder Privathäusern.
 
Neben den „normalen“ Arbeitslagern existierte im Stadtteil Heddernheim ein so genanntes „Arbeitserziehungslager“ (AEL). Harte körperliche Arbeit, Mangelernährung und Prügelstrafen prägten dort den Alltag; auch mehrere Erschießungen sind überliefert.
 
Die von der Wehrmacht eroberten europäischen Länder wurden als Arbeitskräftereservoir für das Deutsche Reich genutzt. Ein geringer Teil der Zivilarbeiter*innen aus dem Ausland ließ sich anwerben, der Großteil wurde – zum Teil in kompletten Jahrgängen – dienstverpflichtet oder zur Arbeit nach Deutschland verschleppt. Die konkreten Lebensbedingungen waren je nach Nation, rechtlichem Status und Geschlecht unterschiedlich. Menschen aus der Sowjetunion und aus Polen wurden durch Sondererlasse besonders diskriminiert. Sie durften ihre Lager oft nur zur Arbeit verlassen und mussten Kennzeichen auf der Kleidung tragen.

 

Zwangsarbeit in den Adlerwerken

Seit 1941 mussten in den Adlerwerken Kriegsgefangene und ausländische Zivilarbeiter*innen arbeiten. Darunter befanden sich viele Menschen aus Russland, der Ukraine, aus Frankreich und aus weiteren Nationen. Im Juli 1941 wurden auf dem Gelände zwischen Werk I und II Baracken für französische „Fremdarbeiter“ errichtet.
 
Das Areal war drei Jahren zuvor jüdischen Unternehmern im Zuge der „Arisierungspolitik“ der Nationalsozialisten unter massivem Druck genommen worden. 1942 wuchs das Heer der Zwangsarbeiter*innen in den Adlerwerken durch weitere Transporte aus Osteuropa massiv an. Auf einem städtischen Grundstück an der Froschhäuser Straße in Griesheim wurde zur Unterbringung dieser Menschen ein Barackenlager errichtet. Unter hygienisch katastrophalen Bedingungen waren hier rund 2000 Menschen untergebracht.

KZ Katzbach

Als Produzent von Motoren und Fahrzeugen zählten die Adlerwerke für die nationalsozialistischen Machthaber zu den kriegswichtigen Industriebetrieben. Wie bereits im Ersten Weltkrieg fuhr das Frankfurter Werk recht rasch nach dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 die Produktion von Rüstungsgütern für die Wehrmacht hoch. Mit dem Fortgang des Krieges wurden immer weitere wehrfähige deutsche Männer eingezogen, die schließlich als Arbeiter fehlten. Auch bei den Adlerwerken. Ab 1941 beschäftigten die Adlerwerke daher im System der Zwangsarbeit Kriegsgefangene und ausländische Zivilarbeiter*innen.
 
1944 zeichnete sich bereits deutlich ab, dass das NS-Regime den Zweiten Weltkrieg nicht mehr gewinnen konnte: Die alliierten Bomberangriffe auf Frankfurt am Main im März 1944 zählten zu den bisher stärksten ihrer Art. Neben der Innenstadt und den Gleisanlagen des Frankfurter Hauptbahnhofs wurden auch die Fertigungshallen der Adlerwerke am 22. März 1944 schwer getroffen. Die Adlerwerke versuchten schnellstmöglich ihre Produktion wieder fortzusetzen und verlagerten Teile aus Frankfurt heraus. Vor Ort blieb aber die Produktion von Zugkraftwagen für die Wehrmacht. Um den Mangel an Arbeitskräften auszugleichen wurde der Werksleitung ermöglicht, KZ-Häftlinge als billige Arbeitskräfte einzusetzen. Am 22. August 1944 kamen die ersten 200 KZ-Häftlinge aus dem KZ Buchenwald. Sie wurde im dritten und vierten Stockwerk des Fabrikgebäudes an der Weilburger Straße untergebracht. Für weitere 1000 fuhr der Arbeitseinsatzingenieur der Adlerwerke in das KZ Dachau, um KZ-Häftlinge für Frankfurt auszuwählen.

Dem KZ-Außenlager Katzbach wurde der Tarnname „Katzbach“ gegeben. Er nimmt Bezug auf das entschlossene Vorgehen des preußischen Generals Blücher („wie Blücher an der Katzbach“) in der Schlacht an der schlesischen Katzbach 1813. Das Lager Katzbach war eines von über 50 Außenstellen des KZ-Komplexes Natzweiler-Struthof. Dessen Außenlagersystem erstreckte sich von Elsass und Lothringen über das heutige Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz.

Die Forschung zum KZ Katzbach leistet der Studienkreis Deutscher Widerstand 1933-1945 e.V. Dieser betreibt auch den https://geschichtsort-adlerwerke.de/  Auf deren Seiten (  © Texte und Bilder ) sind ausführliche Informationen zu finden und es können Besuche und Führungen gebucht werden. Zudem wird auf interessante Vorträge aufmerksam gemacht.